ALL AT ONCE

15 12 2010

Die sengende Wüstensonne lässt den Asphalt der Straße kochen, Staub dringt durch jede Ritze und auf den nächsten 1.500 km hat der größte Ort 10 Einwohner. Wenn man zum Pinkeln anhält, versuchen hunderte Fliegen buchstäblich in jede Körperöffnung zu fliegen. Gesellschaft besteht hauptsächlich aus verdörrten Känguruhkadavern am Straßenrand und eintöniger Langeweile. Eine besinnliche Adventszeit stellt man sich irgendwie anders vor.

Und weil wir das genauso sehen, fahren wir mal lieber doch nicht in den Südwesten dieser großen Insel und entspannen zurzeit lieber auf einem kleinen Campingplatz auf der Yorke Peninsula mit Meerblick und Sonnenschein.

Bevor wir hier gelandet sind haben wir uns mit unserem neuen Reisegefährt von Melbourne aus in Richtung Adelaide aufgemacht. Mit einem kleinen Toyota-Bulli-Zwergwohnmobil sind wir nochmal die Great Ocean Road nach Adelaide gefahren und wurden zur Abwechslung mal mit schönem Wetter und äußerst aktiven Koalas belohnt.

In Adelaide angekommen mieteten wir uns auf unserem alten Campingplatz am Strand ein. Am nächsten Tag nahmen wir an einer Firmenbesichtigung einer kleinen Schokoladenfabrik teil. Leider wurden unsere Hoffnung auf tonnenweise Pröbchen nicht wirklich erfüllt und die zwanzigminütige Führung bestand darin einen 10 Meter langen Gang auf und ab zu gehen. Der Informations- und Kaloriengehalt der Tour war somit eher enttäuschend, was uns aber nicht davon abhielt beim Fabrikverkauf 2/3 unseres Reisebudgets in Zartbitterschokoladen-Frösche zu investieren. Wir gaben also ca. 5 Dollar aus.

Auf unserer Rückfahrt zum Campingplatz kamen wir am Adelaide Entertainment Centre (dem örtlichen Veranstaltungszentrum) vorbei und ein Werbeplakat verkündete, dass sich am gleichen Abend Jack Johnson im Rahmen seiner Welttournee die Ehre gab. Es war schon 15:00 Uhr und Konzerteinlass war um 19:30 Uhr also machten wir uns keine großen Hoffnungen, dass es noch Tickets gab. Zu unserer Überraschung konnte der Drache am Schalter aber noch mit zwei Sitzplätzen dienen und somit stand dem spontanen Konzertbesuch nichts mehr im Wege.

Das Konzert selber hat Spaß gemacht. Jack Johnson sah aus als ob er vom Bett in seine Flops gestiegen und dann direkt auf die Bühne gelatscht wäre. Insgesamt kam es einem die ganze Zeit so vor, als ob man im Jugendzentrum einer Schülerband zuschaut. Sehr bodenständige Typen ohne Firlefanz und die einzige Showeinlage bestand darin, dass sich der Pianist einen Bauarbeiterhelm aufgesetzt hat. Dafür zwei Stunden fast nonstop Musik. Was will man mehr.

Nachdem wir am nächsten Morgen aufwachten, stellte sich heraus das irgendein Insekt sich über Nacht Mühe gegeben hatte Björns kompletten Körper mit Stichen zu verzieren. Als Bonus gab das Vieh natürlich zu den Stichen auch noch fiesen Juckreiz dazu. Da wir keinen Übeltäter sichten konnten, machten wir uns etwas Sorgen und vermuteten sogenannte Bedbugs. Hierbei handelt es sich um Bettwanzen, die sich in Matratzen verstecken und nachts an den darauf Schlummernden knabbern. Da wir im Auto umtauschen ja schon gewisse Erfahrungen haben, machten wir uns auf zu Apollo (unserem Vermieter) der uns auch umgehend ein neues Auto gab.

Neues Auto neues Glück und so ging es für uns am nächsten Tag weiter Richtung Eyre Peninsula. Diese Halbinsel liegt ca. 300km westlich von Adelaide und hatte einen ganz netten Hochglanzprospekt. Es lebe das Marketing, denn zusammengefasst kann man sagen, dass wir ca. 800km hin und zurück gefahren sind, nur um zu merken, dass man ohne Allradfahrzeug ungefähr soviel sehen kann wie auf der A2 zwischen Bielefeld und Hannover (ohne Fußgängerbrücken).

Nächste Etappe war dann die Flinders Range. Diese Bergkette im Norden Adelaides hat ganz nette Gipfelpanoramen zu bieten, ist aber ohne Allrad auch eher schwer zu erkunden. Also wieder zurück Richtung Süden gen Yorke Peninsula.

Auf unserm Weg zu dieser Halbinsel lernten wir dann Loctus kennen. Dies sind handelsübliche Heuschrecken, die in großen Schwärmen Ihrem biblischen Ruf als Plage auch in Australien gerecht werden. Mit 110 km/h brausten wir durch einen Schwarm, der sich über 75km auf der Straße niedergelassen hatte. Beim Anblick unseres Auto veranlasste der Fluchtreflex die Insekten zu einem eher kontraproduktiven Sprung vor unseren Kühler und die Geräuschkulisse ähnelte einem 45-minütigen Hagelschauer. Tack Tack Tack Tack Tack Tack…..

Anschließend war die Front unseres Autos gelb von Insektenüberresten und der Kühlergrill war von einer dicken Schicht Heuschrecken verziert.

Schlussendlich haben wir dann auf der Yorke Peninsula einen netten kleinen Campingplatz gefunden.Der Ort hier besteht aus ca. 9 Häusern, einer Apotheke und einem Gemischtwarenladen. Aber wir sehen aus unserem Auto aufs Meer und die Sonne scheint uns auf den Bauch. So geht’s doch auch…

In diesem Sinne Grüße von zwei Reisenden denen es durchaus schlechter gehen könnte…