„Buschland haben wir satt!“ haben sich australische Politiker vor hundert Jahren gesagt und bevor man einer halbwegs etablierten Großstadt wie Sydney oder Melbourne den Status einer Hauptstadt zusprach, wurde Canberra mitten im Hinterland von New South Wales aus dem Boden gestampft.
Wäre ungefähr so als ob Sennestadt (Ortsteil von Bielefeld) Deutschlands Hauptstadt wäre. Dementsprechend ruhig geht es in Canberra zu. Knappe 300.000 Einwohner soll die Stadt zählen. Bei unserem Besuch hatten die sich wohl aber alle versteckt und wir hätten eher auf 3.000 Einwohner getippt. Und das obwohl wir bei unserer Ankunft geduscht waren…
Vor und im Parlamentsgebäude tummelten sich zwei Schulklassen und selbst im Bauernhausmuseum Detmold ist unter der Woche mehr los. Nichtsdestotrotz verfolgten wir zusammen mit 12 anderen halbwegs Interessierten eine Debatte im Parlamentssaal und stellten fest, dass australische Oppossitionspolitiker im Meckern und Rumstänkern durchaus mit Europa mithalten können.
Weltklasse dagegen war das Essen im Parlamentskaffe. Da es schon später Nachmittag war und wir aussahen, als ob wir den nächsten Abgeordneten anknabbern wollten, hat uns ein gut gelaunter Küchenangestellter eine Riesenportion Pommes und Würstchen quasi geschenkt.
Wenn man auf Krieg steht kommt man in Canberra dagegen voll auf seine Kosten. Im War Memorial (Gedenkstätte und Museum in Einem) wird auf mehreren Etagen allerlei Waffen- und Ausrüstungsmaterial dargestellt. Bilder von Gefallenen sieht man eher selten und so verwundert es nicht, wenn 12-jährige mit großen Augen durch die Austellungsräume flitzen und bei jedem Gewehr in Entzückung verfallen.
Viele Kritiker Canberras meinen die Stadt wäre langweilig und irgendwie charakterlos und sie tun der Stadt damit nicht Unrecht.
Momentan übernachten wir auf dem Gelände der örtlichen Messe und in Gesellschaft von allerlei Schaustellern und zwielichtiger Gestalten macht Campen doch gleich doppelt Spass. Ausserdem kommt aus dem Wasserkran eine milchige Brühe die Steffi treffend mit dem Lusttropfen eines Bullen verglich.
Bevor wir in Canberra ankamen legten wir noch einen Zwischenstopp in unserer Lieblingsstadt Sydney ein. Oper und Harbourbridge standen noch an gewohnter Stelle und bei einem sonnigen Stadtspaziergang ließen wir uns die Sonne auf den Bauch scheinen.
Von Sydney aus ging es dann noch in die Blue Montains. Diese Gebirgskette im Westen von Sydney hat atemberaubende Ausblicke auf unberührte Natur zu bieten. Atemberaubend war auch eine 180kg schwere deutsche Touristen, die nach 20 Treppenstufen tomatenrot anlief, schnaubte wie ein Stier und lautstark den Unmut mit Ihrer körperlichen Konstitution auf die deutsche Arzneimittelindustrie schob: „Das kommt alles von die Tabletten…“
Die nächsten Tage geht es für uns dann weiter Richtung Melbourne und dem australischen Sommer entgegen.
In diesem Sinne herbstliche Grüße aus dem australischen Frühling…
PS.: Nach unserem letzten Artikel sind wir zum Thema Verlängerung der Reise oft mit der Frage konfrontiert worden, ob wir im Lotto gewonnen haben. Jetzt mal ehrlich… Sehen so Lottogewinner aus?