Hauptstadt oder Hauptsache ne Stadt

21 10 2010

„Buschland haben wir satt!“ haben sich australische Politiker vor hundert Jahren gesagt und bevor man einer halbwegs etablierten Großstadt wie Sydney oder Melbourne den Status einer Hauptstadt zusprach, wurde Canberra mitten im Hinterland von New South Wales aus dem Boden gestampft.

Wäre ungefähr so als ob Sennestadt (Ortsteil von Bielefeld) Deutschlands Hauptstadt wäre. Dementsprechend ruhig geht es in Canberra zu. Knappe 300.000 Einwohner soll die Stadt zählen. Bei unserem Besuch hatten die sich wohl aber alle versteckt und wir hätten eher auf 3.000 Einwohner getippt. Und das obwohl wir bei unserer Ankunft geduscht waren…

Vor und im Parlamentsgebäude tummelten sich zwei Schulklassen und selbst im Bauernhausmuseum Detmold ist unter der Woche mehr los. Nichtsdestotrotz verfolgten wir zusammen mit 12 anderen halbwegs Interessierten eine Debatte im Parlamentssaal und stellten fest, dass australische Oppossitionspolitiker im Meckern und Rumstänkern durchaus mit Europa mithalten können.

Weltklasse dagegen war das Essen im Parlamentskaffe. Da es schon später Nachmittag war und wir aussahen, als ob wir den nächsten Abgeordneten anknabbern wollten, hat uns ein gut gelaunter Küchenangestellter eine Riesenportion Pommes und Würstchen quasi geschenkt.

Wenn man auf Krieg steht kommt man in Canberra dagegen voll auf seine Kosten. Im War Memorial (Gedenkstätte und Museum in Einem) wird auf mehreren Etagen allerlei Waffen- und Ausrüstungsmaterial dargestellt. Bilder von Gefallenen sieht man eher selten und so verwundert es nicht, wenn 12-jährige mit großen Augen durch die Austellungsräume flitzen und bei jedem Gewehr in Entzückung verfallen.

Viele Kritiker Canberras meinen die Stadt wäre langweilig und irgendwie charakterlos und sie tun der Stadt damit nicht Unrecht.

Momentan übernachten wir auf dem Gelände der örtlichen Messe und in Gesellschaft von allerlei Schaustellern und zwielichtiger Gestalten macht Campen doch gleich doppelt Spass. Ausserdem kommt aus dem Wasserkran eine milchige Brühe die Steffi treffend mit dem Lusttropfen eines Bullen verglich.

Bevor wir in Canberra ankamen legten wir noch einen Zwischenstopp in unserer Lieblingsstadt Sydney ein. Oper und Harbourbridge standen noch an gewohnter Stelle und bei einem sonnigen Stadtspaziergang ließen wir uns die Sonne auf den Bauch scheinen.

Von Sydney aus ging es dann noch in die Blue Montains. Diese Gebirgskette im Westen von Sydney hat atemberaubende Ausblicke auf unberührte Natur zu bieten. Atemberaubend war auch eine 180kg schwere deutsche Touristen, die nach 20 Treppenstufen tomatenrot anlief, schnaubte wie ein Stier und lautstark den Unmut mit Ihrer körperlichen Konstitution auf die deutsche Arzneimittelindustrie schob: „Das kommt alles von die Tabletten…“

Die nächsten Tage geht es für uns dann weiter Richtung Melbourne und dem australischen Sommer entgegen.

In diesem Sinne herbstliche Grüße aus dem australischen Frühling…

PS.: Nach unserem letzten Artikel sind wir zum Thema Verlängerung der Reise oft mit der Frage konfrontiert worden, ob wir im Lotto gewonnen haben. Jetzt mal ehrlich… Sehen so Lottogewinner aus?

 





Geschichten, die das Leben schreibt

15 10 2010

Wenn man nichts zu sagen hat, sollte man lieber seinen Mund halten… Sicherlich weise Worte, die aber nicht so einfach umzusetzen sind, wenn man sich eine regelmäßige Berichterstattung aus der Ferne zum Ziel gesetzt hat.

Die lange Zeit ohne neuen Blogartikel hat nämlich einen Grund. Wir haben nix erlebt. Auf jedenfall nichts wirklich wahnsinnig Aufregendes. Normalerweise wäre jetzt hier Ende unseres heutigen Artikels. Aber weil heutzutage ja nichts mehr wirklich normal ist, werden wir mal einige Anekdoten der letzten Tage zum Besten geben:

  1. Unwetterwarnungen:
    Einige Flecken in Queensland und New South Wales haben soviel Regen erlebt, wie seit 165 Jahren nicht mehr. Wir übrigens auch. Eine Unwetterwarnung jagt die nächste. Einigen Überschwemmungen und Straßensperren sind wir nur um ein paar Stunden entkommen und wir werden wohl bald von der australischen Regierung in den Status von Regenmachern erhoben.
  2. Pelikanscheiße
    Gestern haben wir ca. 20 Pelikane auf einem Haufen beobachtet, die Angler um Fisch angebettelt haben. Leider haben die auch einen Haufen Kot gemacht. Nachdem sich auffällig penetranter Fischgeruch im Auto breit machte, stellten wir fest, dass Björn eine breiförmige Masse unter seinen Schuhen hatte. War übrigens kein Kaugummi…
  3. Flip Flop Klau
    In Brisbane sind die Jugendlichen so arm, die klauen wirklich alles. Unsere Flip Flops sehen nach 9 Monaten Dauereinsatz nicht mehr wirklich hygienisch aus und trotzdem waren sie eines Tages weg. Stocksauer sind wir drei Runden über den Campingplatz gefahren und haben sie vor einer Hütte voller Jugendlicher wiedergefunden. Wenn die gewusst hätten wo unsere Füsse überall schon waren… (@Fabi: Coral Bay lässt grüßen)
  4. Nierchen
    Als weltoffene ostwestfälische Langzeitreisende wollten wir die örtliche Spezialität der Pies ausprobieren. Bei Pies handelt es sich um Blätterteig mit verschiedensten Füllungen.
    Steffi hatte einen Pie mit Steak und Björn entschied sich für einen Pie mit Kidney. Nachdem die Pies verzehrt waren stellte Steffi mit Recht die Frage, wo denn bei Björn die Kidney Bohnen im Pie waren. Naja Kidney heißt auf englisch ja auch Niere und nicht Bohne. Mir ist immer noch schlecht und demnächst gibt’s nur noch Pickert mit Rübenkraut.
  5. Dummer Vogel
    Steffi hat einen Vogel beobachtet, der gegen einen Strommast geflogen ist. (und hat sich danach 15 Minuten nicht mehr eingekriegt)
  6. Handschlag
    Nach einer Woche in Hervey Bay sind wir per Handschlag von den Campinplatzbesitzern verabschiedet und in den Kreis der Familie aufgenommen worden.
  7. Luftikus
    Beim Schreiben dieses Artikels baut neben uns ein älterer australischer Herr seinen Wohnwagen auf und wie er so vor sich hin kurbelt entweicht ihm ein 30 sekündiger Furz in 6 Tonlagen. Respekt und ein Glück dass er gegen die Windrichtung steht.
  8. Reisepläne
    Unsere Reisepläne haben sich geändert. Wir werden Australien Ende Februar Richtung Los Angeles verlassen und von dort aus an der Westküste Nordamerikas bis nach Kanada fahren. Steffi hat daher um Aufhebung Ihres Arbeitsvertrages gebeten.

Fertig.

In diesem Sinne Grüße von einer Reise auf der man doch mehr erlebt als man zunächst glaubt…

PS: Happy Birthday Fabi!!!!